Pfaffenhofener Kurier vom Dienstag, 30. Mai 2011

Von den Grausamkeiten des Elterndaseins

Scheyern (PK) Lachpausen gönnt er seinem Publikum keine, und das rund zweieinhalb Stunden lang. In seiner Schilderung des Alltags als Familienvater und "Rudelführer" glänzt Kabarettist Stephan Zinner bei "Kleinkunst im Gewölbe" mit Pointen am laufenden Band.


Comedy mit Körpereinsatz: Stephan Zinner hat sein Publikum bei "Kleinkunst im Gewölbe" begeistert. - Foto: Steininger

Es mag am Thema liegen, dass sich Protagonist und Publikum im Scheyerer Prielhof sofort verstehen: Erfahrungen mit Kindererziehung hat wohl ein jeder – egal ob direkt oder indirekt. So lebt man die Situationen mit, die Zinner trefflich zu schildern weiß: Sei es am Kinderspielplatz, im Supermarkt oder am Elternstammtisch. Dort trifft man auf Menschen jeglicher Couleur, alle beseelt, ihren Kindern das Beste zu bieten. Man betrachtet das Kind als "Projekt" und tut alles für einen Start in eine beruflich erfolgreiche Zukunft. Und die beginnt bereits im Windelalter und fordert alle Beteiligten aufs Äußerste.
Und wenn Zinner darüber sinniert, wie ihm "drei Kinder passieren konnten", dann ist es auch glaubhaft, wenn er von seinem Mülleimer mit "Dreh-Schwing-Kipp-Rotationsdeckel" spricht, in dem sich sieben gebrauchte Babywindeln "in einem Gärvorgang" befinden. Zu den schlimmsten Grausamkeiten des Elterndaseins gehören aber obige Elternstammtische, zu denen sich Leute auch treffen, um "sich einen Therapeuten zu sparen". Da werden dann Sommerfeste "strukturiert" und auf dem mitgebrachten Flip-Chart Catering-Vorschläge notiert. Zinners Vorschlag "warmer Leberkas mit Brez’n" wird abgeschmettert, stattdessen gibt’s "Vollkorn-Quiche". So arbeitet sich Zinner Pointe für Pointe durchs Programm, schweift öfter ab ins Nebensächliche, was aber nicht minder amüsant ist. Sein Vater sei "SPDler" und außerdem noch Löwen-Fan – eine "brutale Kombination".

Zum Lehrermangel bemerkt er, sein Sohn hätte vor einiger Zeit einen Lehrer gesehen, nur wüsste er nicht mehr, in welchem Fach.
Aber irgendwie findet Zinner wieder den roten Faden und zurück auf den Kinderspielplatz ("kein Ort des Friedens und der Eintracht"), wo ein Bub namens Attila Baumgartner mit einer Art Machete in Form einer Riesenschaufel die anderen Kinder bedroht. Als er besorgt eingreifen will, wird ihm beschieden, "das sollen die Kinder selber regeln, das härtet ab".
Auch der unvermeidliche Familienausflug darf im Programm nicht fehlen, bei dem die Mama sagt, der Blasebalg müsse nicht mit: "Das macht der Papa." Der bekommt dann nach der dritten Luftmatratze ein "Blasebalg-Aneurisma und Augen wie der Özil".
So jagt ein Gag den anderen, Zinner hat Spaß auf der Bühne und zeigt dies verbal, mit Gestik und Mimik – aber auch mit hartem, körperlichem Einsatz.
Zwischendrin greift der Kabarettist zur Gitarre und beweist, dass er auch musikalisch seinen Mann steht. Kein Wunder, ist er doch auch Gitarrist in einer Rockband und neben der Comedy auch ernsthafter Schauspieler, der mit etlichen Preisen ausgezeichnet wurde. In aller Munde war und ist er als Double von CSU-Minister Markus Söder beim Singspiel auf dem Münchener Nockherberg.
Dem Multitalent Zinner gelingt es mühelos, sein Publikum zu amüsieren. Solche Künstler wie auch das Ambiente des Prielhofs tragen ihren Teil dazu bei, "Kleinkunst im Gewölbe" weiterhin mit Leben zu füllen. Das Publikum wird’s danken.